Portrait / Kurzbiographie Bruno Gironcoli

Portrait Bruno Gironcoli, Privatarchiv

Bruno Gironcoli (1936 in Villach geboren, 2010 in Wien gestorben) nimmt im Feld der internationalen zeitgenössischen Skulptur eine einzigartige Stellung ein. Der österreichische Künstler findet zu einer unverwechselbaren Formensprache, die er von den frühen filigranen Drahtobjekten bis hin zu den gewaltigen Skulpturen in einer Spanne von über 20 Jahren (der 1980er bis 2000er Jahre) weiterentwickelte. Parallel dazu entsteht sein Oeuvre auf Papier, das in weiten Strecken seine Entwicklung als Bildhauer begleitet.

Bruno Gironcoli absolviert von 1951 bis 1956 eine Lehre als Gold-, Silber- und Kupferschmied in Innsbruck, die er mit der Gesellenprüfung abschließt. Während dieser Zeit beginnt er sich für Malerei zu interessieren. 1957 zieht er nach Wien, um bei Eduard Bäumer an der Hochschule für Angewandte Kunst Malerei zu studieren.

1959/60 verbringt Bruno Gironcoli ein für ihn künstlerisch sehr prägendes Jahr in Paris. Nach seiner Rückkehr studiert er noch einmal kurze Zeit an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien in der Metallbearbeitungsklasse von Eugen Meier.

Von 1977 bis 2004 ist er Professor für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Im Jahr seiner Emeritierung eröffnen zwei Dauerausstellungen seiner Werke: der Gironcoli Kristall des STRABAG Kunstforums in Wien und das Bruno Gironcoli Museum in Herberstein, Steiermark.

Das menschliche Abbild, inspiriert durch die Werke Alberto Gicomettis, bildet das Leitthema in den Anfangsjahren von Gironcolis künstlerischer Karriere. Durch intensives Experimentieren mit verschiedenen Materialien und Darstellungsformen, von den frühen Aktzeichnungen über die Drahtplastiken bis zu der Entdeckung des Polyesters als einen modernen Werkstoff, der der industriellen Fertigung entstammt und es ihm erlaubt, seine Idee des zeitgenössischen Abbilds zu formulieren, findet er zu einer eigenständigen und damals unkonventionellen Interpretation des Portraits.

Gegen Ende der 1960er Jahre wendet sich Gironcoli den raumgreifenden Installationen zu und erweitert seine Auseinandersetzung mit dem Menschen um dessen Umfeld. Nicht mehr die direkte Abbildung der menschlichen Person, sondern vielmehr Fragmente, Bruchstücke aus möglichen Realitäten, ganze Szenarien werden geschaffen, um die Situation des Individuums darzustellen. Die Beuys’sche Aufladung von Materialien mit bestimmten Bedeutungsinhalten inspiriert Bruno Gironcoli bei der Herauskristallisierung seiner eigenen persönlichen Ikonografie.

Diese Environments verdichten sich bald (Ende der 1970er Jahre) zu den berühmten assemblageartigen Großskulpturen, deren Dimension mit der Tatsache zu tun hat, dass Gironcoli 1977 die Nachfolge von Fritz Wotruba an der Wiener Akademie der bildenden Künste antritt und nun über ein riesiges Atelier verfügt.

Die Idee des offenen Skulpturenbegriffs, die Bruno Gironcoli über Jahre hinweg mit äußerster Stringenz künstlerisch erarbeitet und ausformuliert hat, weicht nun einer extremen Verdichtung seiner Objekte. Er bedient sich jetzt eines statischen Skulpturenprinzips. In den folgenden Jahren entstehen seine monumentalen, altarähnlichen Großplastiken.

Bruno Gironcoli stellt zum ersten Mal 1967 in der Galerie Hildebrand in Klagenfurt aus, ein Jahr darauf findet seine erste Personale in Wien in der Galerie nächst St. Stephan statt. Es folgen 1971 das Museum des 20. Jahrhunderts in Wien, 1971 die XI. Bienal de São Paulo, 1977 das ICA London, 1978 das Lenbachhaus München, 1981 der Frankfurter Kunstverein.

1989 nimmt er an der Prospect 89, Schirn Kunsthalle Frankfurt teil. 1990 findet die vielbeachtete Personale im Museum moderner Kunst/Museum des 20. Jahrhunderts, die zum ersten Mal seine neue Werkphase der großformatigen Skulpturen zeigt, statt. 1997 folgt die große Personale im MAK-Österreichisches Museum für angewandte Kunst/Gegenwartskunst, Wien, die die Weiterentwicklung seiner großformatigen Werke und die Schaffung eines völlig neuen Vokabulars bestätigt.

2003 ist Gironcoli Vertreter Österreichs auf der 50. Biennale di Venezia und nimmt an der Biennale in Lyon teil. 2005 sind Werke Gironcolis im Haus der Kunst in München, 2007 im Palais de Tokyo, Paris zu sehen. Das Mamco in Genf widmet ihm 2012 die erste große Personale nach seinem Tod im Jahr 2010. Es folgt die Ausstellung „Bruno Gironcoli. Context“ im Belvedere 2013, die sein Werk das erste Mal in den zeitgenössischen Kontext mit anderen Künstlern setzt. 2018 zeigt das mumok, Wien „In der Arbeit schüchtern bleiben“, die erste Retrospektive des graphischen Werkes.